Pflicht des Notars zur Versagung der Mitwirkung bei der Beurkundung vermeintlicher Firmenbestattungen

Ein Notar muss seine Mitwirkung bereits bei Handlungen versagen, bei denen erkennbar der Verdacht besteht, dass unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Schließlich handelt es sich auch bei 180 Übertragungsbeurkundungen um eine auffällige Anzahl, die illegale Firmenbestattungen vermuten lässt.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und seit 1997 Notar für den Bezirk des KG. Im Jahr 2008 wurde gegen ihn u.a. wegen der nicht ordnungsgemäßen Abwicklung eines Verwahrungsgeschäfts eine Ermahnung ausgesprochen. Im September 2012 teilte die örtlich zuständige Notarkammer dem Kläger mit, dass von Richtern des Handelsregisters der Verdacht geäußert worden sei, der Kläger beurkunde die Übertragung von Gesellschaftsanteilen insolvenzbedrohter oder insolvenzreifer GmbHs, die als illegale Firmenbestattungen zu qualifizieren seien. Der Kläger verlangte daraufhin, ihm die Namen der Richter und die Beurkundungsgeschäfte konkret zu benennen.

Aufgrund des Inhalts von Unterlagen zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen eine GmbH führte der Präsident des LG Mitte 2013 eine Prüfung der Amtsgeschäfte des Klägers durch. Im Oktober 2013 leitete er das Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein. Zu den bis dahin vorliegenden Ermittlungsergebnissen wurde der Kläger angehört. Mit Schreiben aus Januar 2014, zugegangen im März 2014, wurde dem Kläger Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben. Dieser verzichtete jedoch auf eine Stellungnahme.

Im Mai 2014 erteilte der Präsident des LG dem Kläger einen Verweis wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 BNotO und verhängte eine Geldbuße von 8.000 €. Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das KG die Geldbuße auf 4000 € ermäßigt. Die Berufung wurde nicht zugelassen. Auch der BGH wies den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung zurück.

Gründe:
Ein Verfahrensfehler gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V.m. § 111d S. 2 BNotO) lag nicht vor. Ein solcher ergab sich insbesondere nicht daraus, dass das KG erst Erkenntnisse aus der Geschäftsprüfung verwertet hatte. Zwar ist der Dienstvorgesetzte verpflichtet, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, sobald zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Danach war hier fraglich, ob das Verfahren gegen den Kläger nicht bereits zu Beginn der Geschäftsprüfung im Mai 2013 und nicht erst im Oktober 2013, hätte eingeleitet werden müssen. Doch hat eine verspätete Einleitung des Disziplinarverfahrens gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Verhängung der Disziplinarmaßnahme. Denn nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens richtete sich hier der Zeitpunkt der Vollendung des dem Kläger zur Last liegenden Dienstvergehens nach der letzten Pflichtverletzung im Beurkundungstermin April 2013. Ein Maßnahmeverbot gem. § 15 BDG wegen Zeitablaufs war mithin nicht gegeben.

Zu Recht hat das KG auch ein Dienstvergehen darin gesehen, dass der Kläger entgegen § 14 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 BNotO, § 4 BeurkG pflichtwidrig Beurkundungen vorgenommen hatte, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden sollten. So hatte er es unterlassen, sich sorgfältig über die Hintergründe der zu beurkundenden Verträge zu vergewissern und notfalls die Beurkundung abzulehnen. Denn ein Notar hat seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar ist, insbesondere seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Ziele verfolgt werden. Das gilt vor allem, wenn der Verdacht besteht, dass seine Tätigkeit der Begehung von Straftaten dienen könnte. Die im Kern nicht bestrittenen Geschehensabläufe erfüllten auch unter Berücksichtigung der hierzu abgegebenen Erklärungen des Klägers den Tatbestand eines grob fahrlässigen Verstoßes gegen die Pflichten aus § 14 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 BNotO, der ein Dienstvergehen darstellt, das die Verhängung der getroffenen Disziplinarmaßnahmen rechtfertigt.

Schon die Anzahl der von einer GmbH veranlassten Beurkundungen hätte dem Kläger Anhaltspunkte zur Prüfung geben müssen, ob er möglicherweise an illegalen Firmenbestattungen mitgewirkt hatte. Unerheblich war dabei, dass in der Disziplinarverfügung lediglich 180 Firmenübertragungen aufgelistet waren und es sich in einem Fall um einen Vorratskauf gehandelt haben soll, das KG aber von „an“ die 200 Firmenübertragungen ausgegangen war. Schließlich handelt es sich auch bei 180 Übertragungsbeurkundungen um eine auffällige Anzahl, die illegale Firmenbestattungen vermuten lässt. Bereits der Umstand, dass regelmäßig eine formularmäßige Anbahnung durch die GmbH der Beurkundung vorausgegangen war, hätte den Kläger zu Recherchen veranlassen müssen, auch wenn die Beurkundungstermine mit dem Büro des Klägers abgestimmt worden und nicht von der GmbH vorgegeben worden waren.

Linkhinweis:

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Quelle: BGH online

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