Seit vergangenem Juni gelten in Deutschland die Vorschriften des neuen Geldwäschegesetzes GwG. Unter dem Deckmantel der Geldwäschebekämpfung geben die Europäische Bankenaufsicht EBA und die BaFin „Orientierungshilfen“ zur rechtssicheren Umsetzung der GwG-Vorschriften. So ehrbar das Ziel auch sein mag, desto dramatischer ist seine Umsetzung für den reellen Geschäftsbetrieb. Der Unternehmer wird dazu verpflichtet seine Geschäftspartner unter Generalverdacht zu stellen und ihn zu durchleuchten – Vertrauen sieht anders auch. Bei den Behörden nennt man das aber „Optimierung von Kundenannahmeprozessen und die Überwachung von Geschäftsbeziehungen“. Darüber hinaus sollen gewinnorientierte Überlegungen ausdrücklich ausgeblendet werden. Wer keine Risikoanalyse gemäß den GwG-Vorschriften vornimmt riskiert hohe Sanktionen und Bußgelder in Millionenhöhe. Güterhändlern drohen bei GwG-Verletzungen Bußgelder bis zu einer Million Euro pro Verstoß und darüber hinaus der Verlust des Zugangs zu öffentlichen Ausschreibungen – Stichwort Wettbewerbsregister und Veröffentlichung des rechtskräftig festgestellten Verstoßes in für jedermann einsehbaren Quellen.
Neben dem nun deutlich umfangreicheren Pflichtenkatalog, stellt insbesondere die Stärkung des risikobasierten Ansatzes viele der GwG-Adressaten weiterhin vor große Herausforderungen. Es ist nun an den verpflichteten Unternehmen, ihre Kunden und Geschäftsbeziehungen hinsichtlich der Geldwäscherisiken einzuschätzen und je nach Risikolage unterschiedlich umfangreiche, risikobasierte Maßnahmen zu ergreifen.
EBA-Leitlinien
Um eine GwG-konforme Risikoevaluierung vorzunehmen, wird in den EBA-Leitlinien zu einem zweistufigen Prozess geraten. Zunächst soll in einem ersten Schritt das Geldwäscherisiko ermittelt werden, welches mit der Begründung einer Geschäftsbeziehung oder der Durchführung einer Transaktion einhergeht. Dabei haben die Unternehmen zahlreiche Risikofaktoren zu berücksichtigen: Handelt es sich bei einem potentiellen Kunden um eine politisch exponierte Person (PEP)? Oder hat dieser möglicherweise Verbindungen zu korruptionsanfälligen Wirtschaftszweigen? Auch Hinweise auf Geschäftstätigkeiten in einer bargeldintensiven Branche wie dem Glücksspielgewerbe oder dem Edelmetallhandel sind in die Betrachtung einzubeziehen.
Abzustellen ist bei der Risikoermittlung zudem darauf, ob die im Rahmen der Geschäftsbeziehung verwendeten Gelder eventuell in Ländern mit bekanntermaßen niedrigen Anti-Geldwäsche-Standards erwirtschaftet und in den Finanzkreislauf eingebracht wurden. Auch der Ruf und das Verhalten des neuen Geschäftspartners sind bei der Risikoermittlung von Bedeutung.
Zur Unterstützung hat die Europäische Bankenaufsicht (EBA) im Januar 2018 Leitlinien veröffentlicht, die eine Hilfestellung bezüglich der sich aus den §§ 4, 10 ff. GwG ergebenden Pflichten zur Risikoevaluierung von Geschäftsbeziehungen geben sollen. Diese Leitlinien richten sich an Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute und erläutern Faktoren, welche bei der Einschätzung des Geldwäscherisikos einer Geschäftsbeziehung zu berücksichtigen sind. Ebenfalls enthalten sind geldwäschespezifische Hinweise zu Korrespondenzbankbeziehungen.
Auch Güterhändler sollten diese Leitlinien kennen. Wenngleich sich die Empfehlungen dem Wortlaut nach an Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute richten, können die Hinweise auch für Güterhändler und andere Verpflichtete nach dem GwG wichtige Anhaltspunkte und Hilfestellungen bieten.
Im zweiten Schritt ist eine ganzheitliche Bewertung des der Geschäftsbeziehung immanenten Geldwäscherisikos vorzunehmen. Hierbei sind die im ersten Schritt ermittelten Risikofaktoren abhängig von ihrer Relevanz zu gewichten. Verdient der potentielle Geschäftspartner sein Geld beispielsweise im Baugewerbe (gemäß der Leitlinien eine korruptionsanfällige Branche) und verursacht aufgrund intransparenter und komplexer Kontrollstrukturen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten, ist gemäß der Leitlinien Vorsicht geboten. Eine solche Geschäftsbeziehung wäre dann als hochriskant zu klassifizieren.
Die EBA-Leitlinien raten ausdrücklich dazu, gewinnorientierte Überlegungen bei der Risikobewertung auszublenden und sich im Zweifel über EDV-generierte Risikoklassifizierungen hinwegzusetzen.
BaFin-Auslegungshinweise zum Geldwäschegesetz (GwG)
Mit ihren am 15. März 2018 in einer Entwurfsfassung veröffentlichten Auslegungs- und Anwendungshinweisen, bietet nun auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den von ihr beaufsichtigten GwG-Adressaten Einblicke in ihr Verständnis bezüglich der neuen geldwäscherechtlichen Vorschriften.
Diese Hinweise richten sich zunächst nur an diejenigen Verpflichteten, die der Aufsicht der Behörde unterliegen. Jedoch können andere GwG-Verpflichtete wie Güterhändler oder Immobilienunternehmen hier ebenfalls wertvolle Erkenntnisse zur Implementierung effektiver Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung gewinnen.
Unter anderem kommt das schwer handhabbare Thema der Risikoanalyse und -klassifizierung zur Sprache: So weist die BaFin unter anderem darauf hin, dass die von der EBA im Januar veröffentlichten Leitlinien im Rahmen des geldwäschespezifischen Risikomanagements zwingend zu befolgen sind.
GwG-Verpflichtete riskieren erhebliche Reputationseinbußen
Die aktive Geldwäschebekämpfung hat in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Es ist davon auszugehen, dass internationale Organisationen wie die OECD und mit ihr die Europäische Union den Kampf gegen Geldwäsche weiter intensivieren. Die Wirtschaftsteilnehmer werden also künftig noch stärker als bisher in die Pflicht genommen. So durchlaufen beispielsweise auf EU-Ebene derzeit Entwürfe einer 5. EU-Geldwäscherichtlinie das legislative Prozedere.
GwG-Verpflichtete riskieren erhebliche Reputationseinbußen, wenn sie trotz der konkreten Anwendungshinweise leichtfertig gegen die Vorgaben des Geldwäscherechtes verstoßen. Dies gilt sowohl für die ausdrücklich von den Orientierungshilfen angesprochenen Institute als auch für andere GwG-Adressaten, welche sich die gemeinsamen Leitlinien und die BaFin-Hinweise zu Nutze machen können. Die im Zuge der Geldwäscherechtsreform verschärften Sanktionsmöglichkeiten dürften von den nationalen Behörden vermehrt ausgeschöpft werden.