Pflichtkollision: Gefahr der Strafbarkeit bei Nichtzahlung der Beiträge trotz Insolvenz
Die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH ist ein schier unerschöpfliches Thema. Erfreulicher Weise gibt es nun mehrere für den Geschäftsführer günstige Entscheidungen des BGH. Sie betreffen eine Pflichtenkollision beim Geschäftsführer. Wird eine GmbH zahlungsunfähig oder überschuldet, darf der Geschäftsführer grundsätzlich keine Zahlungen mehr für die Gesellschaft leisten. Macht er dies trotzdem, haftet er dem Insolvenzverwalter in Höhe der geleisteten Zahlungen. Eine Ausnahme besteht nur für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind. Ob Zahlungen an die Sozialversicherungsträger hierunter fallen, war sehr umstritten. Der Geschäftsführer stand immer in der Gefahr, bei Abführung der Sozialversicherungsbeiträge gegenüber dem Insolvenzverwalter zu haften und bei Nichtzahlung dem Sozialversicherungsträger für die Arbeitnehmeranteile zu haften und sich insoweit auch strafbar zu machen.
Persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Insolvenzverwalter
In zwei Urteilen vom 14.05.2007 und 02.06.2008 weist der BGH nun darauf hin, dass ein Geschäftsführer, der nach Insolvenzreife seiner strafbewehrten Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmersozialversicherungsbeiträge nachkommt, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelt und insoweit nicht persönlich gegenüber dem Insolvenzverwalter haftet. Aber Vorsicht: Strafbewehrt ist nur die Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmeranteile. Führt der Geschäftsführer einer insolventen GmbH auch die Arbeitgeberanteile ab, kann er insoweit vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden. Führt er nur einen Betrag in Höhe der Arbeitnehmeranteile ab, gibt aber nicht an, dass die Zahlung nur auf die Arbeitnehmeranteile erfolgt, wird die Zahlung kraft Gesetzes je zur Hälfte auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile verrechnet. In Höhe des nicht gezahlten Arbeitnehmeranteils haftet der Geschäftsführer dann gegenüber dem Sozialversicherungsträger, in Höhe der Zahlung auf die Arbeitgeberanteile dem Insolvenzverwalter.
Grundsatzentscheidung des BGH führt zu günstigen Konsequenzen für den GmbH-Geschäftsführer
Der vom BGH aufgestellte Grundsatz, dass ein Geschäftsführer einer insolventen GmbH bei einer Zahlung dann mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelt, wenn er sich bei Unterlassen der Zahlung strafbar machen würde, hat auch in anderen Fällen eine günstige Konsequenz für den Geschäftsführer. In einem vom BGH am 05.05.2008 entschiedenen Fall hatte eine Schwestergesellschaft an eine insolvente GmbH einen Betrag mit der Vereinbarung gezahlt, dass die GmbH den Betrag in bestimmter Weise weiterleiten sollte. Dies erfolgte auch, danach stellte der Geschäftsführer für die GmbH selbst einen Insolvenzantrag. Der BGH verneinte hier eine Haftung gegenüber dem Insolvenzverwalter mit der Begründung, dass sich der Geschäftsführer bei entgegen der Absprache nicht erfolgter Weiterleitung der erhaltenen Beträge gegenüber der Schwestergesellschaft einer Untreue strafbar gemacht hätte. Wenn aber der Geschäftsführer einer insolventen GmbH eine Zahlung leistet, um einer eigenen Strafbarkeit zu entgehen, sei diese Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu vereinbaren.