An einem Londoner Gericht wurde Tennis-Legende Boris Becker am 08.04.2022 wegen Insolvenzverschleppung schuldig gesprochen. So soll der einstige Tennisstar Vermögenswerte nicht offengelegt haben und Schulden verschleiert haben. Zwar haben ihn die Geschworenen in 20 von 24 Anklagepunkten freigesprochen, dennoch drohen ihm bis zu sieben Jahre Haft, worüber nun das Gericht zu urteilen hat. Das Urteil wird in drei Wochen erwartet.
Inwieweit die Strategie des Anwalts von Becker, Jonathan Laidlaw, im Nachhinein als gut bezeichnet werden kann, ist fraglich. Im Tenor sollte die Jury den Eindruck gewinnen, dass lediglich Beckers Beratern Schuld zugemessen werden kann, geradeso, als ob man sich von jeglicher Verantwortung „freikaufen“ könnte. Schließlich habe sich Becker, der ohne entsprechende Expertise sei, auf deren Fachkompetenz verlassen.
Dem ist das Gericht allerdings nicht gefolgt. Und auch nach deutschem Recht stellen Beckers Taten, soweit man der Einschätzung des Londoner Gerichts folgen kann, die Erfüllung einer Straftat dar. Beispielsweise führt § 283 Abs. 1 StGB (Bankrott) aus:
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit
- Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht […].
Voraussetzung ist jedoch in der Regel das Bestehen einer wirtschaftlichen Krise während der Handlungen und das vorsätzliche oder fahrlässige Handeln. Ebenso kann nach demselben Paragraphen Insolvenzbetrug unter Strafe stehen, bei dem
- durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht wurden.
- anderen erdichtete Rechte anerkannt oder solche vorgetäuscht wurden.
- die Führung gesetzlich verpflichtender Handelsbücher unterlassen wurde.
Auch die Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) kann einen Betrug während der Insolvenz darstellen, denn der Schuldner ist verpflichtet, Zahlungen ausschließlich an den Insolvenzverwalter zu leisten, niemals jedoch an einen oder mehrere Gläubiger.
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Boris Becker sorgt bereits seit Jahren für prall gefüllte Gazetten, was für den Beschuldigten einem öffentlichen Pranger gleich kommt. Neben der psychischen Belastung, auch für die Familie, die immer wieder im Fokus der Berichterstattung stand, ist der hierdurch verursachte Reputationsschaden für Becker unermesslich. Dieser wird wohl auch in Zukunft unumkehrbar an ihm haften.
Tatsächlich steht Becker nicht das erste Mal vor Gericht. Wegen Steuerhinterziehung wurde er bereits 2002 in München verurteilt.