Lösungsrecht von einem Übernahmevertrag
Soll eine stille Beteiligung an einer GmbH zu einer Gesellschafterstellung aufgewertet werden, stehen gesellschaftsrechtlich einige Schritte an, bis dieses Ziel erreicht ist. In einer interessanten Entscheidung hat der zweite Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die nötige Schrittfolge rechtsdogmatisch herausgearbeitet. Zudem wurde geklärt, unter welchen Voraussetzungen dies auch wieder rückgängig gemacht werden kann.
Leitsätze:
- Dem Inferenten steht ohne Vereinbarung einer Befristung oder Bedingung ein Lösungsrecht von dem Übernahmevertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu, wenn der angemessene Zeitraum für eine Bindung des Übernehmers überschritten wird oder es aus anderen Gründen nicht zur Kapitalerhöhung kommt. Rechtsfolge ist ein Rücktrittsrecht des Übernehmers nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB.
- Eine stille Beteiligung kann als Sacheinlage in eine GmbH eingebracht werden. Sie erlischt durch die Übertragung auf die GmbH. Nach einem Rücktritt kann der Übernehmer verlangen, dass die infolge der Übertragung erloschene stille Beteiligung neu begründet wird.
- Die Gesellschaft trifft eine (Treue-)Pflicht, für eine zügige und ordnungsgemäße Durchführung der Kapitalerhöhung zu sorgen, jedenfalls dann, wenn sie sich im Übernahmevertrag unter Mitwirkung aller Gesellschafter und Geschäftsführer ausdrücklich zur Durchführung der Kapitalerhöhung verpflichtet.
BGH Urteil vom 3.11.2015 – II ZR 13/14 (Volltext unter folgendem Link)
1. Zusammenfassung Sachverhalt
Im vorliegenden Fall beschloss die Gesellschafterversammlung einer GmbH eine Stammkapitalerhöhung. Hierfür sollten stille Beteiligungen als Sacheinlagen in eine GmbH eingebracht werden und diese dann ersatzlos zugunsten der GmbH entfallen. Die Gesellschaft verpflichtete sich, nach der Abtretung der stillen Gesellschaftsanteile an die GmbH, die Kapitalerhöhung voranzutreiben, wodurch die ehemals nur still Beteiligten zu Mitgesellschaftern der GmbH aufsteigen sollten.
Während die Abtretung der Anteile an der stillen Gesellschaft planmäßig über die Bühne ging, kam es nie zu der erwünschten Kapitalerhöhung und damit auch nicht zu dem Erlangen der Gesellschafterstellung an der GmbH. Die Kapitalerhöhung wurde von den GmbH-Geschäftsführern nicht vorangetrieben und wurde schließlich von dem zuständigen Registergericht zurückgewiesen. Stattdessen wurde die GmbH in eine Drittgesellschaft integriert, wobei von den hierfür angefallenen Erlösen nur die Gesellschafter der GmbH, nicht jedoch die ehemals stillen Gesellschafter, profitierten.
Der Kläger macht hier unter anderem umfassende Auskunftsansprüche hinsichtlich des erzielten Veräußerungserlöses geltend und erklärte zudem den Rücktritt.
2. Entscheidung des Gerichts
Zutreffend führt das Gericht hierbei aus, dass sich etwaige Rechte des Klägers zumindest nicht aus Normen ergeben, welche eine Gesellschafterstellung voraussetzen. Eine solche entsteht nicht bereits durch den Abschluss des Übernahmevertrages. Dieser verpflichtet lediglich zu der Durchführung einer Kapitalerhöhung, welche, mit deren Eintragung in das Handelsregister, eine Gesellschafterstellung kraft Gesetzes entstehen lässt.
Falls für die Kapitalerhöhung weder Frist noch Bedingung gesetzt wurden, steht dem Inferenten jedoch spätestens dann ein Lösungsrecht von dem Übernahmevertrag nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB zu, wenn ein angemessenes Zeitfenster für die Bindung des Übernehmers überschritten ist oder andere Gründe eine Kapitalerhöhung verhindern.
Entgegen der Auffassung des Ausgangsgerichts wird in diesem Fall auch nicht ein Auseinandersetzungsanspruch hinsichtlich der stillen Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht, so dass allenfalls dieser zurückzuerstatten wäre. Vielmehr wird die stille Beteiligung selbst als Sacheinlage eingebracht. Diese ist zwar in Folge der Abtretung an die GmbH erloschen, muss aber im Zuge der Rückabwicklung nach § 346 I BGB neubegründet werden. Diese Naturalrückgewähr ist nicht unmöglich und geniest Vorrang vor einem etwaigen Wertersatzanspruch.
Zwar ist im Zuge der Rückgewähr grundsätzlich auch entgangener Gewinn herauszugeben, mithin also der anteilige Veräußerungserlös aufgrund der Übertragung der GmbH auf die Drittgesellschaft. Dies scheitert allerdings an dem zwischenzeitlichen Erlöschen der stillen Beteiligung, welche ein Fruchtziehungsrecht ausschließt.
Allerdings besteht zumindest solange eine Treuepflicht der Gesellschaft die Kapitalerhöhung voranzutreiben, solange ein entsprechender Beschluss durch die Gesellschafter nicht widerrufen wurde. Diese Pflicht wurde hier verletzt, so dass der Kläger so gestellt werden muss, als hätte er nicht auf die Gültigkeit des Übernahmevertrages vertraut. In diesem Fall hätte die stille Gesellschaft im Zeitpunkt der Veräußerung der GmbH noch Bestand gehabt und wäre der stille Gesellschafter am Veräußerungserlös zu beteiligen gewesen.
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