Durchsuchung, Verhaftung, erste Vernehmung durch Polizei, Staatsanwalt oder Richter
„Lassen Sie sich bei diesen Anlässen niemals von Polizeibeamten, Staatsanwälten oder Richtern blenden. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss oder den Haftbefehl aushändigen, widersprechen Sie förmlich der Durchsuchung und insbesondere der Beschlagnahme.“
Der bekannte Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Werner Siebers zeigt in seinem Blogeintrag auf, WARUM Polizisten, Staatsanwälte und Beamte bei Vernehmungen mit Ihnen „reden“ wollen. Die oft geteilte Binsenweisheit, die Polizei sei dein Freund und Helfer, ist hier die eindeutig falsche Begründung – helfen will Ihnen hier niemand !
Der Blogeintrag von Werner Siebert nachfolgend im Wortlaut:
Das Wichtigste: Reden Sie mit den einschreitenden Beamten auf keinen Fall. Oft wird das, was Sie sagen, anders aufgeschrieben, als Sie es meinten. Über Äußerungen außerhalb der förmlichen Vernehmung werden Vermerke gefertigt, die Sie später den Kopf kosten können.
Richter glauben in der Regel Polizeibeamten blind, wenn die später als Zeugen aussagen, dass das Protokollierte oder Vermerkte wörtlich so gefallen ist, wie von ihnen aufgeschrieben.
Polizisten, die Ihnen sagen, sie könnten Ihnen helfen, zum Beispiel beim Haftrichter ein gutes Wort einlegen, wollen fast immer nur erreichen, dass Sie reden – und zwar sich selbst um Kopf und Kragen. Also schweigen Sie in Ihrem eigenen Interesse und lassen Sie sich nicht blenden von Vernehmungsbeamten, die angeblich nur Ihr Bestes wollen.
Also: Keine Aussagen ohne Anwalt, auch nicht so nebenbei.
Weiter zur Durchsuchung:
Die Regelungen der Durchsuchung und Beschlagnahme dienen ausschließlich Zwecken der Strafverfolgung, nicht präventiven Zwecken. Ihnen ist gemeinsam, dass es sich um massive Eingriffe in Grundrechte, insbesondere das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, handelt (Art. 13 I GG, tangiert sind ferner Artikel 14, 10 I, 2 I GG), so dass in besonderem Maße der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (BVerfGE 20,162,227; 42, 212, 220; 44, 353, 372; BVerfGE NJW 1981, 971; StV 1992, 49 = NSIZ 1992, 91 = wistra 1992,60; BVerfG NJW 1994, 3281). Die Anordnung der Maßnahme ist grundsätzlich dem Richter vorbehalten.
Der richterliche Beschluss bedarf, da er prinzipiell mit der Beschwerde anfechtbar ist, der Begründung (§ 34 StPO). Schon daraus folgt, dass die rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen erkennbar sein müssen, auf denen die Entscheidung beruht. Die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts genügt nicht (Meyer-Goßner, Strafprozeßordnung, 50. Auflage, 2007, § 34 Rdn.: 4, m. w. N.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes hat die Begründung zu enthalten:
a) die möglichst genaue tatsächliche und rechtliche Beschreibung des Anlassverdachts,
b) die bestimmte Bezeichnung der zu durchsuchenden Räume,
c) die möglichst konkrete Bezeichnung der zu suchenden Beweismittel,
d) bei verbundenen Beschlagnahmebeschlüssen die genaue Bezeichnung der zu beschlagnahmenden Gegenstände.
Von den Ermittlungsrichtern der Amtsgerichte erlassenen Beschlüsse erfüllen in der Mehrzahl der Fälle die verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen an die Begründung nicht (LG Bad Kreuznach, StV 1994,177,178; Bandisch AnwBI1992, 355; Baurwistra 1983, 99).
Die Begründung hat den „Verdacht einer Straftat“ im Sinne von § 102 StPO zu begründen. Der Verdacht muss sich auf ein bestimmtes konkretes Vorkommnis richten. Die bloße Bezugnahme auf den abstrakten Tatbestand einer strafrechtlichen Norm kann niemals ausreichen. Ebenso wie in Anklage und Urteil muss ein Lebenssachverhalt dargestellt und unter einer Norm subsumiert werden (Baur wistra 1983, 99 f.), wobei der Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO genügt. Auch darf es sich nicht nur um reine Vermutungen handeln (LG Zweibrücken, StV 1994, 123; LG Köln StV 1983, 275).
Der Tatvorwurf ist zu konkretisieren (LG Braunschweig vom 14.02.2003 38 Os 3/03).
Ferner haben Art und denkbarer Inhalt der zu suchenden Beweismittel genauso erkennbar zu sein, wie die zu durchsuchenden Räume. Auch sind die zu beschlagnahmenden Gegenstände genauer zu bezeichnen. All diese Angaben sind erforderlich, um für eine angemessene Begrenzung der Zwangsmaßnahmen zu sorgen, insbesondere die gezielte Suche nach „Zufallsfunden“ möglichst zu unterbinden und
jeden Zweifel auszuschließen, welche der „aufgefundenen“ Gegenstände von der Beschlagnahme erfasst sein sollen (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; LG Bad Kreuznach, StV 1993, 629, 631; Baur wistra 1983, 99 f.).
Eine Durchsuchung stellt schon ihrer Natur nach regelmäßig einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen dar. Selbst wenn die Anordnung der Durchsuchung in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Straftat und zur Schwere des Tatverdachts steht, zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich ist und den Erfolg verspricht, geeignete Beweismittel zu erbringen, so ist damit nicht sichergestellt, dass auch die Durchführung der an sich zulässigen Zwangsmaßnahme mit der Verfassung und den Vorschriften der StPO in Einklang steht. Der Schutz der Privatsphäre des Betroffenen darf nicht allein den Beamten, denen die Durchsuchung obliegt, überlassen bleiben. Es ist vielmehr Aufgabe des Richters, von vornherein für eine angemessene Begrenzung der Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen. Da die Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Durchsuchung in den grundrechtlich geschützten Bereich des Betroffenen einzugreifen, regelmäßig dem Richter vorbehalten ist, trifft ihn als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden zugleich die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt, kurz, dass die Ermächtigung den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügt (BVerfGE 42, 212; BVerfG NJW 1994,3281,3282).
Diesen Anforderungen wird eine Durchsuchungsanordnung nicht gerecht, wenn sie keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält. Die Beschreibung des Tatvorwurfs deckt aber den äußeren Rahmen, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist, ab. Sie hat bei richtiger Handhabung eine begrenzende, die Privatsphäre des Betroffenen schützende Funktion. Zugleich versetzt sie ihn in den Stand, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausführungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (BVerfGE 42, 221; BVerfG NJW 1994, 3281, 3282). Die bloße Nennung des gesetzlichen Tatbestandes erfüllt diese eingriffsbegrenzende Funktion beim besten Willen nicht. Damit wird nicht einmal deutlich, durch welche konkreten Handlungen der Beschwerdeführer in den Verdacht der Straftat geraten ist. Eine solche Kennzeichnung wäre aber nach dem Stand der Ermittlungen etwa durch Darlegung der in der Anzeige enthaltenen Tatsachen ohne Weiteres möglich, ohne dass Anhaltspunkte dafür vorlägen, dies dem Zweck der Strafverfolgung abträglich gewesen wäre (BVerfG NJW 1994, 3281, 3282).
Die Aufgabe des Richters besteht mithin darin, für eine angemessene Begrenzung der Zwangsmassnahme Sorge zu tragen (BVerfGE 20,162,224; 42, 212, 220; 96, 44, 51/52; BverfG StV 2000,465; BGH CR 1996, 488, 490). Das bedeutet im Einzelnen: Zunächst einmal muss die Durchsuchungsanordnung die Straftat, deren Verfolgung die Durchsuchung dient, möglichst genau bezeichnen (BverfG SIV 1992, 49; Meyer-Goßner § 105 Rdn. 5). In dem Maß, in dem dies nach dem Stand der Ermittlungen und ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks möglich ist, ist der Tatvorwurf durch tatsächliche Angaben möglichst weitgehend zu konkretisieren, damit der Betroffene „weiß, was ihm vorgeworfen wird“ (Malek/Wohlers, Zwangsmaßnahmen und Grundrechtseingriffe, 2. Auflage 2001, Rd. 54; BverfG StV 1992, 49; BGH NJW 2000, 84, 85; KleinknechUMeyer-Goßner a.a.O.). Des Weiteren muss die Anordnung die Durchsuchungsobjekte möglichst genau bezeichnen; Räumlichkeiten innerhalb des zu durchsuchenden Objekts, die als mögliche Fundorte ausscheiden, sind von der Durchsuchung auszunehmen (BverfG StV 1994, 353, 354; Krekeler/Schütz wistra 1995,296,299; Kruis/Wehowsky NJW 1999,682,683). Das Anfügen einer salvatorischen Klausel („u. und andere Räume“) genügt den Bestimmtheitsanforderungen nicht (Kruis/Wehowsky NJW 1999, 682,683/684). Schließlich muss die Anordnung das Ziel der Durchsuchung erkennen lassen, d.h., die zu ergreifenden Personen/oder die zu suchenden Beweisgegenstände sind möglichst konkret zu benennen ( BverfGE 20, 162,224; 42, 212, 221; 44, 353, 371/372; BverfG StV 1992, 49; 1994,353, 354f.; BGH NJW 2000,84,85; LG Magdeburg StraFo 1998, 271, 272; Meyer-Goßner § 105 Rdn. 5). Beweisgegenstände sind zumindest nach Art und Inhalt näher zu spezifizieren (BGH NStZ 2000, 154, 155).