Bei Signa Sports United (SSU), einer Plattform für Sportartikelhandel, ereignen sich rasante Veränderungen: Der Online-Shop Tennis-Point hat Insolvenz angemeldet, nachdem der österreichische Hauptaktionär Signa eine Finanzzusage zurückgenommen hat. Könnte dies der erste dominante Stein sein, der fällt?
Laut der WirtschaftsWoche hat die Tennis-Point GmbH aus Herzebrock-Clarholz in Westfalen einen Insolvenzantrag gestellt. Dies geht aus Gerichtsveröffentlichungen hervor. Christian Gerloff, ein Experte für Sanierung, wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Das Unternehmen gehört zu Signa Sports United (SSU) und ist auf den Verkauf von Tennisbekleidung, -schuhen und -ausrüstung spezialisiert. Tennis-Point betreibt zahlreiche stationäre Geschäfte in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Spanien, Frankreich, Italien, Kroatien und der Türkei. Das Hauptgeschäft findet jedoch online statt. Im Online-Shop herrscht bereits seit einigen Tagen ein Ausverkauf mit einem auffälligen roten „Sale“-Schriftzug, der Besuchern bis zu 60% Rabatt verspricht. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass keine Retourenabwicklung möglich ist.
Das Unternehmen wurde ursprünglich von Christian Miele, dem heutigen Co-Geschäftsführer, gegründet. Er und ein späterer Geschäftspartner finanzierten ihr Studium mit Tennistraining und wurden oft nach der richtigen Ausrüstung gefragt. 1999 eröffneten sie dann ein kleines Tennisgeschäft in Münster, das als Ursprung von Tennis-Point gilt. Im Jahr 2016 übernahm Signa die Mehrheit des Unternehmens und integrierte es später gemeinsam mit anderen Sportunternehmen wie Fahrrad.de, Campz und Outfitter in Signa Sports United.
Laut Eintragungen im Bundesanzeiger hat SSU zwar erklärt, dass es die Verluste von Tennis-Point übernehmen wird. Allerdings steckt SSU selbst in einer schweren Krise, die sich zu Beginn dieser Woche dramatisch zugespitzt hat. Am Montagabend teilte das Unternehmen mit, dass der Hauptaktionär, die österreichische Signa-Gruppe von René Benko, eine zentrale Finanzierungszusage in Höhe von 150 Millionen Euro gestrichen hat. Diese zusätzliche Finanzierungszusage der Signa Holding war erforderlich, um die Liquiditätssituation des Unternehmens im Geschäftsjahr ab dem 1. Oktober 2023 und zur teilweisen Deckung des Liquiditätsbedarfs bis September 2025 zu gewährleisten, wie es im Geschäftsbericht der Signa Sports United N.V. heißt, der im Juli 2023 veröffentlicht wurde. Darüber hinaus benötigt das Unternehmen laut Geschäftsbericht innerhalb der nächsten 12 Monate nach dem festgestellten Jahresabschluss zum 30. September 2022 zusätzliche Mittel, wenn es nicht in der Lage ist, die Fälligkeit seiner revolvierenden Kreditfazilität in Höhe von 100 Millionen Euro bei der LBBW zu verlängern, die im Mai 2024 fällig wird. Laut dem Geschäftsbericht hat das Unternehmen eine Darlehensvereinbarung mit der LBBW und anderen Finanzinstituten für das Tochterunternehmen Internetstores abgeschlossen. Signa Sports hat angeblich bereits gegen einzelne Kreditauflagen (Covenants) verstoßen, was von den finanzierenden Banken unter der Führung der LBBW bisher toleriert wurde. Ob dies nach dem Rückzug von Signa weiterhin der Fall sein wird, ist unklar. Das Management von SSU reagierte jedenfalls gereizt auf Benkos Kehrtwende. Man hält die Kündigung für ungerechtfertigt und beabsichtigt, im Interesse aller Aktionäre, Gläubiger und Mitarbeiter rechtliche Schritte einzuleiten, teilte SSU seinen Aktionären mit. Eine juristische Auseinandersetzung dürfte jedoch längere Zeit in Anspruch nehmen.
Die Insolvenz von Tennis-Point zeigt nun, wie ernst die Lage ist. Nun stellt sich die Frage, wie es mit anderen SSU-Tochterunternehmen weitergehen wird. Laut einem Bericht des Branchendienstes MTB-News sind zumindest die Lieferanten der Internetstores GmbH, zu der auch die Fahrradmarke fahrrad.de gehört, alarmiert. Aufgrund des Rückzugs von Signa bei der Finanzierung sind sie gezwungen, vor Gericht zu gehen und einen Insolvenzantrag zu stellen, insbesondere einen Antrag auf Eigenverwaltung, wie es in einem Schreiben an die Geschäftspartner heißt. Bereits vor dem finanziellen Rückzug von Signa hatte SSU angekündigt, dass es am 23. Oktober von der New Yorker Börse abgemeldet würde. Das Unternehmen war erst vor zwei Jahren durch die Fusion mit einer leeren Firmenhülle (Spac) gestartet worden. Die anfängliche Bewertung betrug 32 Milliarden Dollar. Davon ist jedoch fast nichts mehr übrig. Es war eigentlich geplant, dass Torsten Waack von Wasen, der bisher die Tochtergesellschaft Internetstores führt und zuvor bei Alvarez & Marsal und Alteri Investors als Restrukturierungsberater tätig war, Anfang 2024 die Position des CEO bei SSU übernehmen und die Sanierung leiten würde. Es ist jedoch fraglich, ob dieser Zeitplan noch eingehalten werden kann.